Zugewinngemeinschaft

Zugewinngemeinschaft

Bei einer in Deutschland geschlossenen Ehe leben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn nicht per Ehevertrag ein anderer Güterstand vereinbart wird. Bei der Zugewinngemeinschaft kommt es nicht - wie häufig angenommen - dazu, dass jeder Ehegatte automatisch für die Schulden des anderen haftet. Die Zugewinngemeinschaft führt vielmehr dazu, dass bei Beendigung der Ehe durch Tod oder Scheidung ein Zugewinnausgleichsanspruch für denjenigen entsteht, der während der Ehe den geringeren Vermögenszuwachs hatte. Dieser wird so berechnet, dass derjenige, der den höheren Zugewinnausgleich hatte, die Hälfte des Zugewinns an den anderen Ehegatten auszahlen muss. Im Falle der Beendigung der Ehe durch den Tod richtet sich dieser Anspruch gegen die Erben.


In der Vergangenheit wurde häufig in Eheverträgen die Gütertrennung vereinbart, um damit nicht für die Schulden des anderen haften zu müssen, was ohnehin nicht der Fall war. Die Gütertrennung hat allerdings Nachteile, die häufig übersehen werden. So erhöht die Gütertrennung die Pflichtteilsansprüche der durch Testament enterbten Kinder, Ehegatten oder Eltern. Außerdem geht durch die Gütertrennung der Freibetrag bei der Erbschaftsteuer nach § 5 ErbStG verloren. Nach dieser Vorschrift unterliegt der Zugewinnausgleichsanspruch nicht der Erbschaftsteuer.


Eine häufig zu empfehlende Maßnahme ist daher die Vereinbarung der modifzierten Zugewinngemeinschaft durch notariellen Ehevertrag.  Dabei wird vereinbart, dass bei Beendigung der Ehe durch Scheidung kein Zugewinnausgleich stattfinden soll. In diesem Fall bleibt der Steuerfreibetrag nach § 5 ErbStG beim Tod eines Ehegatten erhalten und die Pflichtteilsansprüche werden nicht erhöht.


Mit dem am 20.12.2020 im Gesetzblatt veröffentlichten Jahressteuergesetz 2020 hat der Gesetzgeber u.a. auch den § 5 I ErbStG ergänzt, der die Erbschaftsteuerbefreiung nach Tod eines Ehegatten einer Zugewinngemeinschaft regelt. Nach der Neuregelung wird die abzugsfähige fiktive Zugewinnausgleichsforderung im Todesfall gemindert. Hierfür wird das Verhältnis zwischen dem um die Steuerbefreiungen geminderten Wert des Endvermögens zum Wert des Endvermögens zugrunde gelegt.


Diese Neuregelung führt dazu, dass der lebzeitige Zugewinnausgleich noch attraktiver wird, weil in § 5 II ErbStG, der den vorzeitigen Zugewinnausgleich unter Lebenden regelt, diese Ergänzung nicht eingefügt wurde.


Für eine Beratung zu diesem Thema stehe ich gerne zur Verfügung.


Nachfolgend finden Sie Urteile zum Thema Zugewinngemeinschaft.



BFH Urteil vom 01.09.2021


In diesem Fall hatten die Eheleute vor Eingehung der Ehe einen Ehevertrag geschlossen, in dem die Ehefrau auf alle Ansprüche im Falle der Scheidung verzichtete und dafür im Falle der Scheidung einen Pauschalbetrag erhalten sollte. Der Anspruch sollte bei Bestand der Ehe von 15 Jahren den Höchstbetrag erreichen, vor diesem Zeitraum sich pro rata temporis vermindern. Die Ehe wurde kurz nach Ablauf der 15 Jahre geschieden und der Betrag ausgezahlt. Das Finanzamt machte Schenkungsteuer geltend, der BFH entschied, dass wegen der im  Gegenzug vereinbarten Verzichte keine Schenkung vorliegt und somit auch keine Schenkungsteuer anfällt.


AZ II R 40/19



BFH Urteil vom 22.07.2020


Der Kläger war zu 3/4 Erbe seiner Ehefrau. Die Mutter der Ehefrau war 4 Jahre zuvor verstorben und hatte ihrerseits den Pflichtteil gegen Ihre Mutter geltend gemacht, den die Erben aber nicht bezahlt hatten, der Anspruch war zum Zeitpunkt des Todes der Ehefrau verjährt. Der Kläger machte im Rahmen der Erbschaftsteuer nach seiner Frau den Freibetrag nach § 5 II ErbStG geltend, wonach die Zugewinnausgleichsforderung nicht der Erbschaftsteuer unterliegt. Das Finanzamt berechnete das Anfangsvermögen der Ehefrau so, dass der verjährte Pflichtteilsanspruch hinzugerechnet wurde. Folge war eine höherer Erbschaftsteuer des Ehemannes. Das FG München gab zunächst dem Kläger recht, der BFH hob dieses Urteil auf und wies die Klage ab, weil auch der verjährte Pflichtteilsanspruch nach § 1374 II BGB dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen sei.


AZ II R 42/18




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