Pflichtteilsansprüche

Pflichtteilsansprüche

Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Das gleiche Recht steht den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind, § 2303 BGB. Hat der Erblasser in den letzten 10 Jahren vor seinem Tod Schenkungen vorgenommen, so kann der Pflichtteilsberechtigte von dem Erben nach § 2325 BGB die sogenannte Pflichtteilsergänzung verlangen. Dabei beginnt die 10Jahres Frist bei Schenkungen an den Ehegatten erst mit Auflösung der Ehe.


Für eine Beratung zur Vermeidung oder zur Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen vereinbaren Sie bitte einen Besprechungstermin.


Nachfolgend finden Sie aktuelle Urteile zum Thema Pflichtteil.



BGH Urteil vom 26.05.2021


Streitig war in diesem Fall, ob die voraussichtlichen Grabpflegekosten für 20 Jahre bei Berechnung des Pflichtteils vom Vermögen des Erblassers zu subtrahieren sind. Der Kläger als pflichtteilsberechtigter Sohn klagte gegen die Erbin auf Ergänzung seines Pflichtteils, da sein Erbteil kleiner war als sein Pflichtteilsanspruch. Die beiden vorherigen Instanzen hatten entschieden, dass diese Grabpflegekosten zu berücksichtigen sind, so dass dann kein Pflichtteilsanspruch mehr bestanden hätte. Der BGH hob diese Entscheidungen auf und stellte fest, dass die Grabpflegekosten nicht mindernd zu berücksichtigen sind, so dass der Klage stattgegeben wurde.


AZ IV ZR 174/20



LG Frankenthal Urteil vom 11.03.2021


Die Eltern des klagenden Mannes hatten diesen 1997 in einem notariellen Erbvertrag enterbt und zusätzlich bestimmt, dass ihm der Pflichtteil entzogen werden soll. Als Begründung gaben sie an, dass der Sohn seine Mutter ein Jahr zuvor mehrfach geschlagen und sie hierbei eine Schädelprellung erlitten habe. Die Pflichtteilsentziehung wollte der Mann nach dem Tod seiner Mutter nicht akzeptieren und zog vor Gericht.


Seine Klage gegen die an seiner statt als Erbin eingesetzte Soziale Einrichtung hatte vor dem LG nun Erfolg. Nach Ansicht der Kammer war die Entziehung des Pflichtteils im Erbvertrag bereits aus formalen Gründen unwirksam. Um zu verhindern, dass nachträglich weitere Gründe nachgeschoben werden, müsse das maßgebliche Fehlverhalten des Erben bereits im Testament eindeutig geschildert sein, entschied das LG. In dem Fall ist laut Gericht aber gerade nicht festgehalten worden, welche Hintergründe zu der Auseinandersetzung geführt und welche Folgen dies gehabt habe.



AZ 8 O 308/20


OLG Köln Urteil vom 22.12.2020

Ein Vater enterbt seine infolge einer Behinderung geschäftsunfähige Tochter zugunsten seiner Frau im Rahmen eines Berliner Testaments. Die so entstandenen Pflichtteilsergänzungsansprüche wegen lebzeitigen Schenkungen des Vaters leitet das Sozialamt auf sich über. Nachdem auch die Mutter verstorben ist, macht das Sozialamt Pflichtteilsansprüche gegen den diese allein beerbenden Sohn geltend, der seit dem Tod des Vaters zugleich der gesetzliche Betreuer der behinderten Tochter ist. Dieser beruft sich auf Verjährung.

Das Sozialamt hält an seinen Ansprüchen fest, weil die Verjährung erst mit der Überleitung der Ansprüche an dieses zu laufen begonnen habe, da zuvor der Sohn als Betreuer zuerst gegen die Mutter und dann gegen sich selbst hätte vorgehen müssen. Zu Unrecht, urteilen die Richter: Pflichtteilsergänzungsansprüche verjähren nach drei Jahren. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Pflichtteils-berechtigte von dem Eintritt des Erbfalles und von der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis erlangt.

Hinsichtlich der Kenntnis ist hier nicht auf die geschäftsunfähige Tochter, sondern auf ihren Betreuer abzustellen. Zwar pausiert der Lauf der Verjährung, solange die Tochter infolge des Todes des Vaters ohne Betreuer war. Mit der Bestellung des Bruders zum Betreuer lief die Frist aber weiter. Der Sozialhilfeträger habe erst nach Ablauf der drei Jahre Ansprüche geltend gemacht.

AZ 10 U 103/19



OLG Koblenz Beschluss vom 14.08.2020

Eine Frau setzt eine ihrer beiden Töchter zur Alleinerbin ein. Die andere Tochter verlangt Pflichtteilszahlung in Höhe von etwas über 7.000,00 €. Ihre Schwester stellt das grundsätzliche Bestehen derartiger Ansprüche nicht in Abrede, trägt aber vor, dass der gemeinsame Bruder Ansprüche gegen den Nachlass von rund 57.000,00 € geltend macht, was den Nachlass aushöhlen würde. Würde der Bruder mit seiner Forderung durchkommen, würden sich die Pflichtteilsansprüche rechnerisch auf Null reduzieren. Daher verweigert sie die Zahlung, bis gerichtlich geklärt sei, dass der Bruder keinen Anspruch habe.

Zu Unrecht, urteilen die Richter. Nach dem Gesetz seien ungewisse Verbindlichkeiten, wie sie hier durch den Bruder geltend gemacht werden, bei der Feststellung des Nachlasswertes außen vor zu lassen. Die Erbin darf daher dem Pflichtteilsanspruch ihrer Schwester die ungewisse Verbindlichkeit nicht entgegenhalten. Das Gesetz sieht insoweit eine eindeutige Risikoverteilung dahingehend vor, dass die Beklagte zunächst den unter Außerachtlassung der ungewissen Verbindlichkeit berechneten Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanpruch der Schwester ausgleichen muss, um dann eventuell später – falls sich die Forderung des Bruders als bestehend herausgestellt – einen Rückforderungsanspruch in Höhe des überzahlten Betrages gegen die Klägerin geltend machen zu können. Das Risiko, dass sich dieser Rückzahlungsanspruch nicht mehr realisieren lässt, hat dabei die Erbin zu tragen.


AZ 12 W 173/20


Share by: