Lebzeitige Übertragung

Vermögensnachfolge

Die Vermögensnachfolge zu Lebzeiten bietet den Vorteil, dass das Vermögen noch unter Aufsicht der Eltern an die Kinder übergeht und damit Erbstreitigkeiten vermieden werden können. Außerdem können die Schenkungsteuerfreibeträge alle 10 Jahre erneut genutzt werden, so dass bei rechtzeitiger Planung auch große Vermögen steuerfrei an die nächste Generation übertragen werden können. Bei rechtzeitiger Planung besteht auch die Möglichkeit, dass Vermögen vor dem Zugriff eines Sozialhilfeträgers, z.B. zur Deckung von Pflegekosten zu schützen.


Einen Artikel auf Spiegel-Online  zu diesem Thema finden Sie unter diesem Link.


Nachfolgend finden Sie einige Urteile zur lebzeitigen Vermögensübertragung von Privatvermögen.



BFH Urteil vom 06.06.2021


In diesem Fall hatte ein Ehemann im Wege vorweggenommener Erbfolge Immobilien auf die gemeinsamen Söhne übertragen. Im Übergabevertrag behielt er sich zu seinen und der Klägerin Gunsten als Gesamtgläubiger den lebenslänglichen Nießbrauch am übertragenen Grundbesitz vor. In der Folgezeit wurden die Mieteinnahmen auf ein auf den Namen des Ehemannes lautendes Konto gezahlt, welche mit den mit der Immobilie im Zusammenhang stehenden Kosten belastet wurde. Das Finanzamt sah die Einräumung des Nießbrauchs zugunsten der Ehefrau als Schenkung an und setzte Schenkungsteuer fest. Der BFH entschiede, dass keine Schenkung vorliege, da die Klägerin über das Mietkonto nicht habe verfügen können. Eine Schenkung könne erst dann vorliegen, wenn der Ehemann versterbe und ab diesem Zeitpunkt dann die Mieteinnahmen an die Klägerin gehen. Dies kann dazu führen, dass die Bemessungsgrundlage der Schenkung niedriger ist, da die statistische Lebenserwartung der Klägerin seit dem Übergabevertrag gesunken ist.




AZ II R 23/19


BGH Beschluss vom 11.03.2021


Die Bestellung eines Nießbrauchs oder eines Grundpfandrechts im Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb eines Minderjährigen ist jedenfalls dann nicht nach § 1821 I Nr.1 BGB genehmigungsbedürftig, wenn sich die Belastung bei wirtschaftlicher Betrachtung als Teil des Erwerbsvorganges darstellt und die Auflassung und die dingliche Einigung über die Belastung gleichzeitig erfolgen; die Belastung bedarf nicht deshalb der familiengerichtlichen Genehmigung, weil ihre Eintragung in das Grundbuch erst nach Umschreibung des Eigentums an dem Grundstück bewilligt und beantragt wird.



AZ V ZB 127/19



FG Münster 27.08.2020


Bei einer Grundstücksübertragung gegen Vorbehaltsnießbrauch mindern die vom Nießbraucher weiterhin persönlich zu tragenden Zins- und Tilgungsleistungen nicht den nach § 10 Abs. 5 ErbStG zu berücksichtigenden Wert des Nießbrauchsrechts. Dies hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteil vom 27.08.2020  (Az. 3 K 722/16 Erb) entschieden.


Der Kläger hatte von seiner Mutter deren vermieteten Grundbesitz im Wege der Schenkung erhalten, wobei sich seine Mutter ein lebenslängliches und unentgeltliches Nießbrauchsrecht vorbehalten hatte. Die auf dem Grundbesitz lastenden Verbindlichkeiten übernahm der Kläger nur mit dinglicher Wirkung. Persönliche Schuldnerin blieb seine Mutter, die die Zins- und Tilgungszahlungen für die Verbindlichkeiten weiter leistete. In seiner Schenkungsteuererklärung zog der Kläger den Nießbrauch erwerbsmindernd ab. Das Finanzamt war der Auffassung, dass das Nießbrauchsrecht zwar grundsätzlich abzugsfähig sei, bei der Ermittlung des abzuziehenden Betrages aber die weiterhin von der Mutter des Klägers zu leistenden Zins- und Tilgungszahlungen zu berücksichtigen seien und deshalb der Nießbrauch nur mit einem entsprechend niedrigeren Wert abzugsfähig sei, wodurch sich der zu zahlende Steuerbetrag entsprechend erhöhte.


Der hiergegen erhobenen Klage hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster stattgegeben. Die Kapitalisierung des gemäß § 10 Abs. 5 ErbStG erwerbsmindernd zu berücksichtigenden Nießbrauchs erfolge, so der Senat, gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 14 Abs. 1 Satz 1 BewG mit dem Vielfachen des Jahreswerts. Der Jahreswert des Nießbrauchs an einem Grundstück umfasse die Nutzungen des Grundbesitzes, die der Nießbraucher zu ziehen berechtigt sei. Dieser Jahreswert sei im Wege der Schätzung zu ermitteln, wobei von den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung auszugehen sei und die vom Nießbraucher zu tragenden Aufwendungen grundsätzlich abzuziehen seien. Im Streitfall habe der Kläger die Verbindlichkeiten aber nicht persönlich übernommen und sei durch die Verbindlichkeiten und die damit verbundenen Zins- und Tilgungsleistungen weder rechtlich noch tatsächlich belastet gewesen. Der Kläger konnte durch die Zins- noch durch die Tilgungsleistungen seitens der Schenkerin auch nicht bereits zum Zeitpunkt der Grundbesitzübertragung bereichert sein.


Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.


AZ FG Münster : 3 K 722/16




BFH Urteil vom 14.07.2020


Übertragen Eltern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Grundstück samt aufstehendem Gebäude gegen eine Veräußerungszeitrente an ihre Kinder, fließen den Eltern mit den Rentenzahlungen steuerpflichtige Zinseinkünfte gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu, soweit die Rentenzahlungen nicht auf den Unterschiedsbetrag zwischen dem Barwert des Rentenstammrechts zu Beginn und zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres entfallen. Unerheblich ist, ob es sich um eine teilentgeltliche Übertragung handelt, bei der die Summe der Rentenzahlungen niedriger als der Verkehrswert der Immobilie im Übertragungszeitpunkt ist. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14.07.2020 – VIII R 3/17 entschieden.


Die Kläger, ein zusammen veranlagtes Ehepaar, hatten im Jahr 2012 einem ihrer Söhne und dessen Ehefrau ein Grundstück mit Gebäude gegen eine monatliche Rente in Höhe von 1.000 € übertragen. Die Rente hatte insgesamt eine Laufzeit von 30 Jahren und 2 Monaten, zu Beginn des Streitjahres 2013 betrug die Laufzeit noch 29 Jahre und 2 Monate. Die Rente war bis zum Tod des Längstlebenden der Kläger und danach bis zum Ende der Laufzeit an deren Erben zu zahlen. Die Kläger argumentierten, die Rentenzahlungen seien nicht in einen Tilgungs- und Zinsanteil aufzuteilen (§ 13 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG)). Sie hätten die Immobilie mit Rücksicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Sohns und der Schwiegertochter bewusst gegen niedrige Rentenzahlungen mit langer Laufzeit zu einem Entgelt unterhalb des Verkehrswerts am Übertragungsstichtag übertragen, statt die Immobilie zu einem marktgerechten Preis zu veräußern und den Verkaufserlös anzulegen. Da sie bewusst auf Einnahmen verzichtet und den Übernehmern diese Vorteile wirtschaftlich betrachtet zugewendet hätten, könnten die Rentenzahlungen keinen einkommensteuerbaren Zinsertrag enthalten.


Der BFH folgte der Argumentation der Kläger nicht. Es handele sich nicht um eine unentgeltliche erbrechtliche Übertragung, sondern trotz der Übertragung zu einem Preis unterhalb des Verkehrswerts um ein einkommensteuerbares Veräußerungsgeschäft. Die Rentenzahlungen aus einer Veräußerungszeitrente seien beim Veräußerer und Erwerber gemäß § 13 Abs. 1 BewG in einen Tilgungs- und Zinsanteil aufzuteilen. Der Tilgungsanteil entspreche dem Barwert des Rentenstammrechts, der sich aus der Abzinsung aller noch ausstehenden Teilbeträge ergebe. In Höhe der Differenz des Barwerts der Rentenforderung zur jeweiligen Rentenzahlung erziele der Veräußerer einen steuerpflichtigen Zinsertrag. Dies gelte auch, wenn die dem Veräußerer zufließenden Tilgungsanteile nicht im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts gemäß § 23 EStG einkommensteuerbar seien. Der BFH erachtete den für die Aufteilung der Rentenforderung in einen Tilgungs- und Zinsanteil gemäß § 13 Abs. 1 BewG maßgeblichen Zinssatz von 5,5% auch für verfassungsgemäß. Der in den Rentenzahlungen des Streitjahres 2013 (12.000 €) enthaltene Zinsanteil betrug danach 9.420 € und führte in dieser Höhe zu steuerpflichtigen Zinseinkünften der Kläger.


AZ beim BFH : VIII R 3/17




FG Baden-Würtemberg Urteil vom 15.11.2019


Kein Abzug der Grunderwerbsteuer als Werbungskosten bei unentgeltlicher Übertragung
unter Nießbrauchsvorbehalt


1. Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks unter Nießbrauchsvorbehalt im Wege der
vorweggenommenen Erbfolge ist nach § 12 Nr. 2 EStG der einkommensteuerlich irrelevanten
Privatsphäre zugeordnet.
2. Die infolge der Nießbrauchsbestellung anfallende Grunderwerbsteuer kann, auch wenn sie von
den Übertragenden vertraglich übernommen wird, nicht als Werbungskosten von den Einnahmen
aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.


Das FA hat die im Zusammenhang mit der Übertragung des Grundstück festgesetzte und von den Klägern entrichtete Grunderwerbsteuer in Höhe von insgesamt 6.066 EUR zu Recht nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei dieser erwachsen, das heißt, durch sie veranlasst sind. Eine derartige Veranlassung liegt vor, wenn(objektiv) ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der auf Vermietung und Verpachtung gerichteten Tätigkeit besteht und (subjektiv) die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (BFH, Urteile vom 11.
Februar 2014 – IX R 22/13, BFH/NV 2014, 1195 und vom 11. Dezember 2012 – IX R 28/12, BFH/NV 2013, 914).


Maßgebend dafür, ob ein für die Veranlassung durch eine Einkunftsart ausreichender wirtschaftlicher Zusammenhang besteht und damit Werbungskosten vorliegen, ist zum einen die – wertende – Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen auslösenden Moments und zum anderen die Zuweisung dieses maßgeblichen Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 – GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672; Urteil vom 11. Februar 2014 – IX R 22/13, BFH/NV 2014, 1195).


Ausgehend von diesen Grundsätzen stellt die infolge der Übertragung des Vermietungsobjektes ... straße x in Y entstandene Grunderwerbsteuer in Höhe von 6.066 EUR keine Aufwendung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG dar. Das die Entstehung der Grunderwerbsteuer auslösende Moment ist nämlich in dem privaten Entschluss der Kläger zu sehen, das Grundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf die Neffen und Nichten des Klägers zu übertragen. Bei dieser Übertragung handelt es sich – einkommensteuerlich betrachtet – um die Zuwendung des mit dem Nutzungsrecht der Kläger belasteten (Mit-)Eigentums (vgl. BMF vom 13. Januar 1993, IV B 3-S 2190-37/92, BStBl I 1993, 80, Rn. 10). Solche freiwilligen, unentgeltlichen Zuwendungen werden durch § 12
Nr. 2 EStG der einkommensteuerlich irrelevanten Privatsphäre zugeordnet. Ist aber die Zuwendung wegen § 12 Nr. 2 EStG in einkommensteuerrechtlicher Sicht notwendig ein privater Vorgang, so können die Kosten, die im Zusammenhang mit einer solchen Vermögensübertragung anfallen, grundsätzlich ebenfalls nicht der Erwerbssphäre des Steuerpflichtigen zugeordnet werden. Dies gilt auch, wenn und soweit – wie im Streitfall – die Kosten deshalb angefallen sind, weil sich die Übergeber die weitere Nutzung
des zugewendeten Vermögens zur Einkunftserzielung vorbehalten haben.


AZ 11 K 322/18


FG Münster Urteil vom 29.11.2018

Der Erblasser hatte einem Erben durch Testament ein Nießbrauchsrecht an einem landwirtschaftlichen Betrieb zugewandt. Der Erbe machte im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung die Vergünstigungen für Betriebsvermögen geltend, nämlich den Verschonungsabschlag in Höhe von 85 % nach § 13b I Nr.1 ErbStG. Das Finanzamt erkannte diesen Abschlag nicht an und bewertete den Nießbrauch nach dem Verkehrswert. Das FG Münster bestätigte diese Entscheidung, ließ aber wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum BFH zu ( AZ 3 K 3014/16 ). Das Verfahren beim BFH ist unter dem AZ II R 9/19 anhängig.


BGH Urteil vom 20.11.2018


Die Eltern schenkten der Tochter mit notariellem Vertrag vom 27.01.2014 eine Eigentumswohnung und beantragten ab dem 25.02.2014 Sozialhilfe, die auch gewährt wurde. Das Sozialamt leitete den Anspruch auf Rückforderung wegen Verarmung nach § 528 BGB auf sich über und nahm die Tochter auf Rückgabe der Wohnung in Anspruch. Diese berief sich darauf, dass Sie die Wohnung nicht herausgeben könne, da sie sonst selber verarmen würde, § 529 II BGB. Während das Berufungsgericht der Klage des Sozialamtes stattgab, hob der BGH die Entscheidung auf und verwies zurück an das Berufungsgericht, weil nicht ausreichend geprüft wurde, ob die Tochter bei Vollzug des Schenkungsvertrages wusste, oder sich grob fahrlässig der Erkenntnis verschlossen hat, dass die Schenker infolge der Vollziehung der Schenkung für Ihren Unterhalt nicht mehr würden aufkommen können und auf Leistungen des Sozialhilfeträgers angewiesen sein würden.


AZ X ZR 115/16



BFH Urteil vom 07.11.2018

Die unentgeltliche Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück unter Geschwistern, die ein Elternteil in einem Schenkungsvertrag durch Auflage gegenüber dem Beschenkten Kind angeordnet hat, kann ebenso wie die Verpflichtung hierzu aufgrund einer Zusammenschau grunderwerbsteuerrechtlicher Befreiungsvorschriften von der Grunderwerbsteuer befreit sein, wenn sich der tatsächlich verwirklichte Grundstückserwerb im Grunde als abgekürzter Übertragungsweg darstellt ( AZ II R 38/15 ).

OLG Dresden 25.04.2018

Der Beitritt eines Minderjährigen in eine Vermögensverwaltungs-KG unterliegt nur dann der familiengerichtlichen Genehmigung nach § 1822 Nr.3 BGB, wenn die Gesellschaft den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts bezweckt, so dass insofern nicht die Rechtsform der Gesellschaft, sondern allein maßgeblich ist, ob der Gesellschaftsvertrag inhaltlich auf den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts ausgerichtet ist ( AZ 17 W 160/18 ).

BFH Urteil vom 10.05.2017


Der Kläger schloss mit seinen Brüdern noch zu Lebzeiten der Mutter einen Vertrag, in dem er auf seine zukünftigen Pflichtteilsansprüche nach dem Tod der Mutter verzichtete. Die Brüder zahlten als Gegenleistung eine Abfindung an den Verzichtenden. Das Finanzamt legte für die Besteuerung das Verhältnis zwischen Geschwistern zugrunde, so dass lediglich ein Freibetrag von 20.000 € gewährt wurde, während der Kläger der Meinung war, dass das Verhältnis zur Mutter und damit ein Freibetrag von 400.000 € berücksichtigt werden müsse. Der BFH bestätigte die Ansicht des Finanzamtes ( AZ II R 25/15 ). Als Konsequenz aus dieser Entscheidung sollten derartige Verträge so gestaltet werden, dass die Abfindung von der Mutter gezahlt wird.


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